Verbesserungen für alle Bereiche

19. Juli 2023_Lang-Göns. Was ist ein Quartierskonzept? Und wofür soll das gut sein? Diese Fragen stellten sich sicherlich viele Bürgerinnen und Bürger in Lang-Göns als sie davon erfuhren, dass für den Westteil ihres Ortskerns ein Integriertes Energetisches Quartierskonzept erarbeitet werden soll. Konkret geht es um die Gebiete zwischen Bahnschienen, A45 sowie den Gebäuden der Wohnungs- und Siedlungsbaugenossenschaft. Im Rahmen eines öffentlichen Workshops im Bürgerhaus Lang-Göns wurden die bisherigen Ergebnisse im Bürgergespräch weiter vertieft. Die Ergebnisse sollen nicht nur die Anregungen der Bürgerinnen und Bürger berücksichtigen, einige Vorschläge könnten später auch als zusätzliche kommunale Angebote aufgenommen werden. Es gehe darum, einen Weg zu finden, den Ort gemeinsam zu entwickeln, die Bürger, die Kommune und die Politik zu einem guten Miteinander zu verbinden, sagte Klimaschutzmanagerin Susanne Müller.

Der Landkreis Gießen erteilte im August 2022 den Auftrag für die Erstellung von insgesamt sechs energetischen Quartierskonzepten, denn neben Lang-Göns werden diese auch für Allendorf-Lumda, Großen-Buseck, Hungen-Obbornhofen, Lich-Muschenheim und Staufenberg-Treis erstellt.  Im November 2022 hat die KEEA Klima und Energieeffizienz Agentur GmbH ihre Arbeit in Lang-Göns aufgenommen. Unter der Projektleitung von Malte Cordes und Stefan Schäfer (KEEA) wurden Gespräche geführt, Ortsbegehung und Gebäudedatenerhebung, Umfrage, Seminare und nun auch ein öffentlicher Workshop durchgeführt. Mitte Juli fanden sich etwa 150 Personen im Bürgerhaus ein, um ihre Ideen und Wünsche festzuhalten, die auch als mögliche Maßnahmen im Endbericht genannt werden sollen.  

„Wir wollen Hilfestellung im Bereich der energetischen Sanierung und Wärmekonzepte für Wohngebäude anbieten und die Aufenthaltsqualität in Langgöns gemeinsam verbessern“, so die Klimaschutzmanagerin Susanne Müller, die vor allem auf das Ergebnis einer Interessensabfrage zu einem möglichen Wärmenetz gespannt war, Interessenten konnten sich am Ende der Veranstaltung in eine Liste eintragen. Nach der Begrüßung durch die Klimaschutzmanagerin und noch bevor es für die Bürger an die Arbeit ging, stellten Cordes, Schäfer und weitere Kollegen den aktuellen Projektstand vor und präsentierten erste Ergebnisse einer Vorstudie, deren Aufgabenstellung einen Schwerpunkt des Quartierskonzeptes für den alten Ortskern darstellt. Demnach sollte geprüft werden, ob Kindertagesstätte Mäuseburg, Betreuungsverein Spatzennest, das Bürgerhaus, die beiden Sporthallen sowie ggf. weitere Bestandsgebäude zukünftig sinnvoll über ein gemeinsames Nahwärmenetz mit Wärme aus erneuerbaren Energien versorgt werden könnten.  

Die Vorstudie hat ergeben, dass ein potenzielles Nahwärmenetz die kommunalen Gebäude und die Bestandsgebäude Am Alten Stück, Jahnstraße, Amtshausstraße, Am Mühlberg, Moorgasse, Breitgasse, Schmittgraben und Hinter den Niederhofen erreichen könnte. Auch eine Abzweigung zu einem möglichen Neubaugebiet im Westen wäre möglich. Es kommt am Ende aber auf viele Faktoren wie bspw. Abnahmemenge, Leitungslänge, Auswahl der Energiequellen sowie die Finanzierung an. In einer später zu beauftragenden Machbarkeitsstudie soll geklärt werden, ob und wie das Nahwärmenetz konkret umgesetzt werden kann.    

Da es bei der Erarbeitung des Quartierskonzeptes aber nicht nur um das Nahwärmenetz geht, sondern um die Verbesserung der Lebensqualität durch eine Quartiersentwicklung, erarbeiteten die Teilnehmenden in kleinen Gruppen mögliche Projektideen und brachten diese für die Themenfelder Energieversorgung, Gebäude und Wohnen, Mobilität und Nahverkehrsversorgung sowie Öffentlicher Raum und Klimaanpassung in Form von Projektsteckbriefen zu Papier. Im Bereich „Gebäude und Wohnen“ wurden die Bausünden und der Sanierungsstau bei Bestandsgebäuden thematisiert. Dem Fehlen eines Gesamtkonzeptes für „vernachlässigte“ Gebäude wurde die Idee gegenübergestellt, sich Sanierungskonzepte in anderen Gemeinden anzuschauen und eine übergeordnete Lenkungsgruppe einzusetzen, die das Gesamtkonzept im Blick hat. Sich Beispiele aus der Praxis anzuschauen, könnte ein erster Schritt sein, wie sanierter Wohnraum entstehen kann, der am Ende zudem noch ins Ortsbild passt. 

Auch bei der „Mobilität und Nahverkehrsversorgung“ war die Ideenliste lang. Quartierslastenrad, Quartiersauto, überdachte Bushaltestellen, kostenfreier Schulbus und ein WalkingBus, direkte Busverbindung nach Gießen, mehr Zughalte, Tempo 30, Änderung der Vorfahrtsregelungen, mehr Zebrastreifen, Parkraumplanung verändern, Fußgängerampel und sogar die Installation von Blitzern an den Ortseingängen wurden notiert. Als erste Schritte wurden Umfragen, Petitionen und Gefahrenanalysen vorgeschlagen oder die Entscheider von der Kirche zu Fuß zum Supermarkt gehen zu lassen.  

Beim Thema „Energieversorgung“ wurden ein Erfahrungsaustausch über dezentrale Wärmeplanung, zugehende Energieberatung, Heizungscheck und Photovoltaik genannt. Mieterstrom und Mini-PV-Anlagen, sogenannte Balkonkraftwerke, aber auch Anlagen auf Parkflächen im Industriegebiet, auf Neubauten und öffentlichen Gebäuden. „Öffentlicher Raum und Klimaanpassung“, darunter standen Ideen wie: bessere Vernetzung der Vereine und Ehrenamtlichen, Begrüßungspaket und Paten für Neubürger, Informationen über die Angebotspalette im Dorf. Die Sanierung des Straßenbelages in der Obergasse, die Parkplatzsituation am Friedhof und der Wunsch nach einem Dorftreffpunkt. Die Klimaanpassung bekam ebenfalls viel Aufmerksamkeit, so sollten die Biodiversität und Grünflächen beachtet werden, mehr Blühwiesen statt Rasenflächen, mehr Bäume an den Straßenrändern, Pflanztauschbörse, die Beleuchtung soll Insektenfreundlich werden, die Flächen entsiegelt und für schattige Plätze gesorgt werden, an denen Sitzbänke und Mülleimer stehen. Für den Hochwasserschutz wurde ein Runder Tisch gewünscht, die Renaturierung von Wassergräben und die Beratung für Anwohner am Gönsbach. Aber auch für Trockenperioden wollen die Menschen Vorsorge treffen, das Regenwasser nutzen und Wasser besser schützen. Zisternen bauen oder Regenwasser versickern lassen. 

Die gesammelten Ideen und Vorschläge werden im nächsten Schritt priorisiert und schließlich im Endbericht des Quartierskonzeptes festgehalten, der am Ende dieses Jahres vorliegen soll. (Diana Wetzestein, KEEA)